Wenn man der alten Karawanenstraße folgt, die von Tehran nach Pakistan führt, so liegt etwa 110 km südlich von Ghom, also nur 260 km von Tehran entfernt die Stadt Kaschan, heute auch durch eine Eisenbahnlinie mit der Hauptstadt verbunden. Am Rande der großen Salzwüste >Dascht-e-Kawir< in brütender Hitze gelegen, bietet die Stadt, außer zwei wenig bedeutenden Moscheen aus der Seldschukenzeit, kaum etwas an baulichen Besonderheiten oder gar an landschaftlicher Schönheit. Im Gegenteil, die wasserarme – Bäche werden zum Schutz gegen Verdunstung kanalisiert – und baumlose, ebene Gegend macht einen trostlosen Eindruck. Kaschan, das nur noch 60.000 Einwohner – ein Viertel von ehedem – zählt, zeigt meist nur flache, eingeschoßige Gebäude. Die anderen >Stockwerke< sind in Wahrheit kellergeschoße, die wegen der Hitze unterirdisch angelegt sind. Viele Häuser sind verlassen und dem Verfall preisgegeben. Das war nicht immer so.
Der Name Kaschan ist bekannt auf der ganzen Welt! Leider! Denn alsbald nutzten heimische Kaufleute die enorme Nachfrage nach Kaschan Teppichen aus, sondern in anderen Ländern, sogar in Südosteuropa, wurden Nachahmungen fabriziert. Die Händler trieben die Knüpffamilien in Kashan und den 80 umliegenden Dörfern an, mehr zu erzeugen, was zu einem rapiden Qualitätsverlust führte. Da in den frühen Jahren, wenig eigen Wolle zu Verfügung stand, wurde oft minderwertige, billige Ware herbeigeschafft, schlampig gefärbt und schnell geknüpft. Aber alles wurde als Kaschan verkauft. Der echte Kaschan jedoch wurde rar, stieg aber umso höher im Preis, so daß nun nur 40 Jahre alte, schöne Stücke ihren Wert vervielfacht haben. Heute werden in Kaschan selbst Natanz, einem lieblichen Dorf am Osthange der Kuherudberge, wo sich Schah Abbas gerne aufhielt, noch mehrere echte Teppiche sorgfältig geknüpft; die Mehrzahl – etwa 75% – der 30.000 bis 40.000 Exportstücke pro Jahr (!) aber in den umliegenden Dörfern. Insbesondere die Erzeugnisse von Arun, Dolatabad und Jazd (wo nahezu schon alles kopiert wird) lassen an Güte zu wünschen übrig. Obwohl diese Entwicklung im ganzen Iran zu beklagen ist, kommt sie nirgends so gravierend negativ zu Tage wie bei der Ausnutzung des guten alten Namens Kaschan. Schuld ist letztlich der Käufer. In Europa und Amerika gehen nun einmal gestiegene Einkommen nicht immer mit höherem Kundenverständnis Hand in Hand.
Dabei ist die mindere Ware rasch zu erkennen. Stumpfe Wolle, keine harmonischen Farben, lockere Knüpfung (die Schußfäden sind auf der Rückseite zu sehen) und verschwommene Motive. Der echte Kaschan aber – meist im Schah-Abbas-Medaillonmuster mit seinen edlen Farben Ton in Ton, oft rostrot oder lilarot, mit dem überreich gefüllten Fond feinster Palmetten, Rosetten und Blütenranken ist leicht zu erkennen und steht würdig einem Esfahan, Na-in, Ghom und Tabriz zur Seite. Typisch erscheinen die Bordüren. Sie sind meist nicht nur im gleichen Grundton wie der Fond gehalten und weisen in der Hauptbordüre die ,,Innen/Außen” – Palmettenmusterung auf, sondern die Nebenbordüren sind öfters beidseits von feinen Bordürchen begleitet, die zarteste Rosettchen zeigen.
Die meisten Kaschan werden auf Baumwollgrundgewebe mit guter Wolle im persischen Knoten niederflorig geknüpft. Es kommen aber auch Wolle mit Seide oder feinste Seidenteppiche in den Handel, die auf einer alten Seidenraupenzucht in der Umgebung fußen. 1,000.000 Knoten/m2 sind dann nicht ungewöhnlich. Neben dem vorherrschenden Rot kommen Blau und Creme als dominierende Farben vor. Wenngleich Medaillonteppiche mit oder ohne Viertelmedaillons in den Ecken vorherrschen, so sind auch durchlaufende Muster gängig. Durch die Abwanderung in die Industriegebiete geht die Zahl der häuslichen Knüpfstühle laufend zurück.
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