Berber Shaggy/ Moderne Teppichreihe
Obwohl der marokkanische Teppich nicht zu den klassischen teppicherzeugenden Ländern zählt, werden auch hier schon seit langer Zeit Teppiche geknüpft. Da sich in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit mehr und mehr den marokkanischer Teppiche zugewandt hat und ältere Stücke sogar begehrte Sammlerstücke geworden sind, soll ihnen hier ebenfalls ein Kapital gewidmet werden. Teppiche aus Marokko werden in den nordafrikanischen Teppichen zugeordnet und hauptsächlich von Berbern geknüpft. Die Urbevölkerung Marokkos waren die Berber, die bereits um 2000 v. Chr. dort siedelten. Es gibt über 700 Stämme, etwa ein Fünftel von ihnen fertigt Teppiche. Auch wenn sie wieder rassisch noch kulturell jemals eine Einheit waren, so gibt es doch ein einheitliches Kunstempfinden, das sich bis heute erhalten hat, trotz der unterschiedlichsten Einflüsse, mit denen sie im Laufe der Geschichte in Berührung kamen. Zu den prägenden Kultureinflüssen zählten die der Römer, Phönizer und Griechin sowie der Juden und der Christen. Doch am nachhaltigsten wirkte sich die Islamisierung durch die Araber zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert aus. Heute ist Marokko ein Völkergemisch aus Berbern, Mauern und Arabern, wobei der Bevölkerungsanteil der Berber etwa 40 Prozent ausmacht. Auch wenn sich die Berber in erster Linie als Moslems sehen und sich an die Lehren des streng monotheistischen Islam halten, sind für sie nach wie vor bestimmte Stammesrituale und religiöse Praktiken, die noch aus vorislamischen Zeiten stammen, von zentraler Bedeutung. In diesem Zusammenhang spielen Heiligenkult, der Glaube an übersinnliche Kräfte, Geister und Dämonen, die Furcht vor dem bösen Blick, die Macht des Zaubers und der Hexerei eine große Rolle. So ist der Alltag durchsetzt von magischen Ritualen und Gebräuchen, die es zu den einzelnen Anlässen einzuhalten gilt, will man sich das Schicksal geneigt machen oder böse Einflüsse abwenden. Hier spielt auch der Begriff > Barakat< eine Rolle. Unter >Barakat< versteht man die göttliche Gnade. Diese haftet manchen Dingen bereits ganz natürlich an, wie bspw. den Heiliggräbern oder dem Henna, das zum Färben von Stoffen, Haut und Haaren verwendet wird. Deshalb ist es gut, mit solchen Dingen in Berührung zu kommen, da sich die positive Kraft des barakat damit überträgt. Nur aus dem Wissen um diese Zusammenhänge heraus kann man gewisse Gebräuche und den Symbolgehalt der auf den Teppichen immer wiederkehrenden Motive verstehen. Es gibt zum Beispiel Stämme, die die Seitenkante des Teppichs ein wenig abrennen. So ist der Teppich nicht ganz perfekt, und Neid kann abgewendet werden. Die gleiche Aufgabe erfüllen das Amulett oder die Hand der Fatima, die es in den verschiedensten Formen gibt und die auch als Motive im Teppich vorkommen.
Unter Berberteppichen verstand man noch bis vor kurzem marokkanische Teppiche dicke, rustikale Teppiche, in Schafwolle geknüpft, meist in Naturfarben, unifarben oder mit sparsamer, dunkler gehaltener Musterung auf hellem Grund. Als in den siebziger Jahren der rustikale Wohnstil >in< war, waren sie begehrte Ware. Doch unter Berberteppichen ist weit mehr zu verstehen. In den letzten Jahren begann man sich mehr und mehr für die farbenprächtigen Exemplare zu interessieren.
In der Mustergebung nimmt die Raute eine bestimmende Stellung ein. Sie kommt in unzähligen Variationen und Kombinationen vor oder bildet die Grundform flächendeckender Rapportmuster. Häufig auftretende Muster und Motive, die eine Raute als Ausgangsform haben, sind bspw. die sogenannte Löwentatze, eine Raute mit Zinnendach ähnlichem Außenrand oder das ,,Auge” genannte Motiv, eine Raute mit eingeschriebener kleinerer Raute und Kreuz in der Mitte. Wie allen Motiven kommt der Raute eine symbolische Bedeutung zu. Sie versinnbildlicht zum einen die Unsterblichkeit der Seele, ist aber gleichzeitig auch ein Schutz und Abwehrmotiv. Sie gehört zu den ältesten Motiven und wird in allen Kulturkreisen als Dekomotiv verwendet.